Ausbeutung auf hohem Niveau – jetzt reden die Beschäftigten

veröffentlicht am: 16 Jan, 2015

Im Rahmen unseres Outings gegen den Ausbeuterkonzern WISAG führten wir mehrere
Infostände auf der Zeil durch um die Situation in dem Betrieb zu skandalisieren.
Nach einem dieser erfolgreichen Infostände meldete sich Andreas bei uns. Er
arbeitete 4 Jahre lang für die WISAG im Bereich Sicherheit & Service und
berichtete uns von den miesen Arbeitsbedingungen.
SDAJ: Hallo Andreas, schön dass du dich bei uns gemeldet hast. Du kennst die Situation
bei der WISAG aus eigener Erfahrung. Was war deine Aufgabe und welche
Arbeitsbedingungen herrschten dort?
Andreas: Ich war Mitarbeiter in einer Poststelle bei einer Firma namens PWC. Ein
Auftraggeber von WISAG. Ich habe dort in einem kleinen Team, 4 – 6 Wisag
Kollegen, den Postdienst im Haus gemacht, also Holen und Bringen von
Briefsendungen und Paketen und weitere Dienstleistungen in Bereich Post, so
ähnlich wie bei einem Postamt.
SDAJ: Wurdet ihr nach den geltenden Tarifverträgen bezahlt und wurden diese auch
eingehalten?
Andreas: Wir haben 8,50 Euro per Stunde erhalten. Die jährlichen Tariferhöhungen wurden
nicht an uns weitergegeben. Erst als als wir nach 3 Jahren mit Streik gedroht
haben wurden der Stundenlohn auf 8,90 Euro erhöht. Außerdem wurden die
gesetzlichen Feiertage nicht bezahlt. auch das wurde erst nach der
Streikandrohung geändert.
SDAJ: Wie war die Stimmung unter den Kolleginnen und Kollegen? Gab es Mobbing oder
andere Versuche die Belegschaft zu spalten?
Andreas: Die meisten Kollegen bildeten ein tolles Team. Wir saßen alle in einem Boot.
Allerdings wenn neue Kollegen als Vertretung oder neu ins Team kamen, wurde von
diesen oft versucht schlechte Stimmung zu machen und das Team zu spalten. Es
wurde dann intrigiert und gemobbt.
SDAJ: Habt ihr den Chef darauf angesprochen und wie hat er reagiert?
Andreas: Für Mobbing und intrigante Kollegen wollte sich keiner interessieren.
SDAJ: Sowohl die WISAG als auch die PWC haben anscheind sehr viel Geld mit diesem
Geschäftsmodell der Leiharbeit gemacht. Wusstet ihr wie viel sie durch euch
einkassiert haben?
Andreas: Es wurden pro Mitarbeiter zwischen 16 -17 Euro die Stunde einkassiert (plus
Mehrwerststeuer). Dieser Betrag wurde jährlich um etwa 2 – 3 % erhöht um die
Inflation und Tariferhöhugen auszugleichen.
SDAJ: Jugendliche sind häufig verstärkt von Ausbeutung betroffen, da sie verstärkt
gezwungen sind jeden Job anzunehmen. Gab es in deinem Bereich Jugendliche und
wie wurden diese behandelt?
Andreas: Es gab in diesem Bereich den einen oder anderen Vetreter, die aus dem
Sicherheitsdienst kamen. Diese erhielten einen Stundenlohn von 7,53 Euro. Es gab
auch einige Mitarbeiter von Subunternehmern. Diese erhielten einen Stundenlohn
von nur 6,50 Euro. Diese meist jungen Kollegen mussten teilweise von der
Tagschicht direkt in die Nachtschicht, also von der Poststelle in den
Wachdienst. Viele haben oft am Wochende im Wachdienst oder an 7 Tagen
hintereinander gearbeitet, also Stunden geschrubbt um genug zu verdienen.
SDAJ: Hattet ihr einen Betriebsrat der sich für euch eingesetzt hat?
Andreas: Der Betriebsrat hat in dieser Beziehung nicht viel gemacht. Im Betriebsrat saßen
auch Bereichsleiter, die eigentlich schon höhere Vorgesetzte und Vetreter des
Unternehmens sind.
SDAJ: Haben sich die Kolleginnen und Kollegen gewehrt?
Andreas: Nur manche Kollegen haben sich gewehrt. Die meisten hatten zuviel Angst um ihren
Job, zumal die meisten nur befristete Arbeitsveträge hatten. 1 Jahresverträge
sind gang und gebe. WISAG stellt gerne Arbeitslose ein, weil dann auch die
Fördergelder von der Agentur für Arbeit eingestrichen werden.
SDAJ: Danke für das interessante Gespräch. Wir werden weiter gegen Arbeitsbedingungen
wie bei der WISAG kämpfen. Wir brauchen mehr Kolleginnen und Kollegen wie dich,
die den Mut aufbringen über die Verhältnisse in ihren Betrieben zu berichten.
Gemeinsam können wir Ausbeuter outen und bekämpfen.

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