Erster Mai in Kassel

veröffentlicht am: 6 Mai, 2020

Im Zuge einer Ersten Mai Kundgebung hieten wir eine Rede. Ihr könnt Sie euch entweder auf der Website durchlesen oder als Video anschauen!
https://www.youtube.com/watch?v=H35bbCg3js4
 

„Alle reden von der Corona-Krise, durch die die Wirtschaft bergab geht. Aber auch vor Corona war die Weltwirtschaft schon seit Mitte 2018 auf dem Weg in die Rezession. Schon vor Corona stiegen die Arbeitslosenzahlen und die Anmeldungen von Kurzarbeit in Deutschland in beachtliche Höhen. Corona verschärft die Wirtschaftskrise und Corona ist die Ausrede der Herrschenden, aber die Ursache liegt in dieser planlos in Konkurrenz nur nach Profit ausgerichteten Wirtschaft, die zwangsläufig immer wieder Überproduktionskrisen hervorbringen muss.
Alle reden davon, dass es jetzt gesamtgesellschaftliche Solidarität gegen Corona braucht. Aber es kann hier kein Wir geben. Es gibt die Profiteure und die Verlierer dieser Krise. Während die Großkonzerne Rettungspakete im Wert von 600 Milliarden € bekommen, auf weitere Staatsbeteiligung rechnen können und die Lohnkosten dank Kurzarbeitergeld vom Staat übernommen werden, bleiben ihre Profite unberührt. Dafür muss die arbeitende Bevölkerung Deutschlands Lohneinbußén durch Kurzarbeitergeld hinnehmen und um ihre Arbeitsplätze fürchten.
Die Überbelastung der Kliniken durch Corona droht, weil dieses Gesundheitssystem mit einer steigenden Anzahl von privaten Krankenhäusern und seit der Einführung der Fallpauschalen profitorientiert arbeitet. Profitorientiert arbeiten heißt, dass kein Interesse an einer menschenwürdigen Versorgung, Arbeitsbedingungen, die nicht krank machen oder dem Aufbau von Reserven besteht. Während der Krankenhauskonzern Fresenius-Helios im Jahr 2018 allein 686 Millionen Gewinn gemacht hat, werden aktuell die ohnehin viel zu geringen Personaluntergrenzen in den Kliniken ausgesetzt und der zu hohe Stress für die Beschäftigten und die daraus resultierende mangelnde Versorgung nehmen weiter zu.
Die Einhaltung der notwendigen Infektionsschutzmaßnahmen kostet Zeit und erfordert entsprechend mehr Personal – nicht nur in der Pflege. Aber statt dem Rechnung zu tragen, wird der 12-Stunden-Tag eingeführt und die Ruhezeiten verkürzt für alle systemrelevanten Bereiche. Dieser Begriff ist sehr dehnbar. Auch Konzerne wie Amazon könnten es schaffen, sich dieses Label zu geben, und damit durch längere Arbeitszeiten noch mehr Profite zu machen.
Was wir als Maßnahme gegen diese zunehmende Verdichtung unserer Arbeit brauchen ist eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich. Diese würde sowohl für ältere als auch jugendliche KollegInnen Zukunftssicherheit schaffen und gleichzeitig helfen Arbeitslosigkeit und prekäre Beschäftigung zurückzudrängen, da man dadurch die Unternehmen zwingt mehr Leute einzustellen.
Auch die Bildungspolitik ist jetzt wie eh und je nach den Interessen der großen Banken und Konzerne ausgerichtet. Um genug Nachschub an fertig vorsortierten Arbeitskräften zu haben, werden die Abschlussprüfungen in den Schulen trotz mangelhaftem Infektionsschutz durchgeführt und obwohl Homeschooling bedeutet, von günstigen Lernbedingungen Zuhause abhängig zu sein, was SchülerInnen ohne eigenes Zimmer, ohne Eltern, die unterstützen oder Nachhilfe finanzieren können, abhängt.
Während den Großkonzernen das Geld in den Schlund geworden wird, bekommen Studierende, die ihre Nebenjobs verlieren, einmalig 200€ Soforthilfe. Das ist leider nicht nur ein schlechter Witz, sondern bittere Realität. Ein digitales Semester bedeutet genauso wie Homeschooling: Wer keine gescheite Lernumgebung Zuhause hat, wird abgehängt. Allgemein fordern Homeschooling wie digitales Semester mehr Selbstständigkeit und auch mehr Zeit von den Lernenden, um sich Dinge selber beizubringen. Rücksicht wird darauf in Fragen der Abschlussprüfungen oder der Regelstudienzeit nicht genommen. Dafür müsste man ja in die Geld in die Hand nehmen und es gäbe vielleicht zeitweise weniger Arbeitskräfte, die gegeneinander konkurrieren können. Stattdessen steigt der Druck unter Schülern und Studierenden.
In wessen Interesse hier Politik gemacht wird, wird einmal mehr klar, wenn Stahlkonzerne und Rüstungskonzerne wie Krauss-Maffaei-Wegmann hier in Kassel durchgehend weitergearbeitet haben, die Produktion jetzt mehr und mehr wieder hochgefahren wird, aber Demonstrationen unter Einhaltung des Infektionsschutzes in vielen Orten weiterhin verboten bleiben.
Wenn man sich das so anschaut wird schnell klar: Wir sitzen nicht in einem Boot. Es gibt hier kein zusammen durch die Krise. Wir müssen dafür kämpfen, dass nicht wir die Krisenlasten tragen, wir die den Reichtum der Gesellschaft schaffen und den Laden am Laufen halten oder gerade dafür ausgebildet werden.
Wie das mit dem Kämpfen geht, zeigt zum Beispiel der unbefristete Streik für die Erhaltung aller Arbeitsplätze bei dem Technologiekonzern Voith am Standort in Allgäu. Hier lassen sich die KollegInnen nicht einlullen. Es werden Corona-konforme Kampfformen gefunden und eben mit Autos die Werkstore blockiert.
Wir müssen für unsere Interessen kämpfen: In Schule, Uni und Betrieb. Für unsere Zukunft statt ihren Profit.
Dass es Alternativen zu einem an den Profiten der Banken und Konzerne ausgerichteten Umgang mit Corona gibt, zeigt eindrücklich das sozialistische Cuba. Internationale Solidarität ist hier Staatsraison. Während die EU-Länder sich weigern, ihren schwer von Corona getroffenen, italienischen „Nachbarn“ zu unterstützen, schickt das Entwicklungsland Cuba Ärzte nach Italien, Venezuela, Jamaika und andere Länder der Karibik. In der Bekämpfung von Epidemien hat Cuba aufgrund seiner Ärztebrigaden nach Haiti gegen Cholera und nach Westafrika gegen Ebola bereits Erfahrung. Seit 1963 hat Cuba 400.000 Ärzte (bei 11 Millionen Einwohnern) in 59 verschiedene Länder geschickt. Für 22 dieser Länder hat der cubanische Staat sogar die Kosten übernommen. Mit dem Medikament Interferon-Alpha-2b hat Cuba ein effektives Medikament mit virenhemmender Wirkung entwickelt, das ebenfalls international zum Einsatz kommt.
Die cubanische Bevölkerung profitiert von einem Umgang mit Corona und einem Gesundheitssystem das den Menschen statt Profitinteressen in den Mittelpunkt stellt. Überall gibt es Desinfektionsmittel, jeder Cubaner trägt einen Mundschutz, die Produktion ist eingestellt und das öffentliche Leben konsequent heruntergefahren. Die Ärztedichte, die höher ist als in Deutschland, macht massenweise Hausbesuche möglich. Die Solidarität unter der Bevölkerung, die es in dem Maße nur in einer Gesellschaft ohne Konkurrenz und Ellenbogenmentalität geben kann, ermöglichen die gegenseitige Unterstützung unter der Bevölkerung durch die Nachbarschaftskomittees im großen Stil. Auch neben der Corona-Bekämpfung erbringt dieses kostenlose, für jeden gleichermaßen zugängliche Gesundheitssystem beeindruckende Resultate: Eine der niedrigsten HIV-Infektionsraten der Welt, die höchste Lebenserwartung Lateinamerikas und eine niedrigere Säuglingssterblichkeitsrate als die USA. Das alles, obwohl Cuba ein Entwicklungsland ist und obwohl die Wirtschaftsblockade der USA allein dem cubanischen Gesundheitssystem im letzten Jahr 98 Millionen € Verlust eingebracht hat. Das alles ist nur möglich, weil Cuba sozialistisch ist. Weil deswegen das Gesundheitswesen mitsamt der Pharmaindustrie unter staatlicher Kontrolle steht, in diesem Staat die Werktätigen das Sagen haben und nach der Maßgabe des Wohls der Bevölkerung die Produktion geplant wird. Auch die Maßnahmen zur Corona-Bekämpfung sind danach ausgerichtet und werden breit diskutiert, beschlossen und mit entsprechend großer Überzeugung und Masseninitiative umgesetzt.“

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