#FolgenVonCorona 1-3

veröffentlicht am: 5 Apr, 2020

Um nicht nur Berichte zu hören wie es der sogenannten Wirtschaft geht, sondern um mal Einblicke in die Situation von Menschen zu bekommen haben wir unsere Reihe #FolgenVonCorona gestartet um Berichte von Betroffenen der Krise und der Maßnahmen zu veröffentlichen.
 
Egal ob Home Office Erfahrungen, Home School, Kurzarbeit oder anderes. Wer Interesse hat auch einen Bericht zu schreiben, den wir dann auf all unseren Plattformen teilen, der kann uns gerne anschreiben.
 
Hier folgen die ersten drei Berichte.
 
Bericht 1, SCHÜLER:
„Ich bin 14 Jahre alt, bin in der 8. Klasse und gehe auf das Gymnasium Philippinum in Marburg.
Seit gut zwei Wochen sind wir jetzt nun vom normalen Schulunterricht befreit und sollen uns selbst zuhause unterrichten und uns den Schulstoff aneignen.
Die Schulunterlagen und die Aufgaben, die zu erledigen sind, bekommen wir über die Cloud der Schule zugeschickt, jedoch läuft das Ganze nicht ohne Probleme. So ist oft die Cloud so überlastet, dass es Minuten dauert, bis man auf die Dokumente zugreifen kann oder überhaupt in die Cloud reinkommt. Dazu ist alles so unübersichtlich gestaltet, dass man manchmal Minuten daran sitzt, die gewünschten Arbeitsblätter zu drucken, geschweige denn zu finden.
Über die Cloud werden auch Fristen für die jeweiligen Aufträge festgelegt. Die gemachten Aufträge haben wir dann innerhalb dieser Fristen abzugeben, ansonsten wirke das sich negativ auf die Schulnote aus. Oft stelle ich mir die Frage, wie es Schülern gehen würde in der Situation, die vielleicht nicht aus einem akademischen Haushalt kommen und auch nicht die Möglichkeit haben, über WhatsApp seinen oder ihren Mitschülern nach Hilfe oder den Lösungen zu fragen, wenn sie mal nicht weiterkommen.
Zu allem Genannten kommt noch hinzu, dass oft auch allein die Menge an Aufträgen in manchen Fächern sogar anmaßend sind, jedoch hatten wir als Klasse die Möglichkeit, uns über WhatsApp bei unserer Klassenlehrerin zu beschweren, sodass sie es den anderen Lehrern mitteilt, in der Hoffnung, dass sie unser Empfinden beherzigen werden. Was in dieser Zeit meinen Mitschülern (mit Zugang zu WhatsApp) und mir enorm hilft und ohne was wir auch total aufgeschmissen wären, ist Solidarität in Form von sich gegenseitig in der Klassengruppe helfen und sich an die Fristen und Aufträge zu erinnern, bei denen man auch schnell durcheinanderkommt“

 
Bericht 2, SCHÜLER:
 
„Erfahrung zum Hausunterricht an der BGS Schule
Als die Lehrer angefangen haben mir Hausaufgaben zu schicken habe ich noch eifrig dran gesessen, aber irgendwann wurde es zu viel. Uns wurde in Nebenfächern wie Ethik Aufgaben geschickt die Zeit aufwendig sind und letztendlich keinen größeren Mehrwert haben. Bei einer Befragung von Freunden und Klassenkameraden, hat sich festgestellt, dass ich nicht der einzige bin, der das so wahrnimmt. Einser-Schüler, die normalerweise einfach durch den Schulalltag kommen, beschweren sich. Ein Schüler sagte, dass er „gefühlt vier Mal so viel Stoff“ bekommen. Solche aussagen ließen mich nur ahnen wie stark leistungsschwächere Schüler daran leiden. Das ist vor allem an meiner Schule sehr problematisch, da sie quasi eine Anlaufstelle für jugendliche und Kinder. Mittlerweile mache ich nur das was am wichtigsten ist (also nur die Hauptfächer und das was die Lehrer Kontrollieren). Auch wurden die Klassenfahrten aufgrund vom Corona Ausfall abgesagt, was im schlimmsten Falle heißt, dass während dieser Zeit regulär Unterricht gemacht wird und wir keine Verschnaufpause im Sicht haben. Auch Lehrer sind überarbeitet. Ein Lehrer kontrolliert nur Hausaufgaben von vier Personen. Hausaufgaben waren schon vor der Pandemie eine schlecht eingesetzte Lernmethode. Das einzige was sich verändert hat ist, dass nun unsere ganze Bildung von Hausaufgaben abhängig ist. Später stellte sich heraus das in der Elterngruppe ein Protokoll herum geschickt wurde mit den Ansichten der Eltern und Lehrer. Ebenfalls stand im Brief: „…und die Schüler konnten auch Rückmeldungen geben.“. Keiner von den Schülern hat was mitbekommen. Ich sogar die SV wurde nicht gefragt, wie mir von einem Mitglied mitgeteilt wurde. Mittlerweile hat sich die SV mit eingeschaltet, jedoch weis ich nicht ob sich was bewegt.“
 
Bericht 3, AZUBI:
 
„Mein Name ist Torben, ich bin 23 Jahre alt und mache eine Mechaniker-Ausbildung in einem Automobilzulieferer-Betrieb in Mittelhessen.
Nun bin ich im 3. Ausbildungsjahr und dadurch, dass ich meine Ausbildung verkürze, eigentlich fast fertig. So wäre meine Abschlussprüfung normalerweise im Mai gewesen, doch das ist jetzt unsicher, wie vieles andere auch.
In dem 350-Mann-Betrieb, in dem ich arbeite, wird bis heute (Stand: Ende März) noch ganz normal weiterproduziert. So, als gäbe es keine Pandemie, die mittlerweile in Europa fast 20.000 Menschen das Leben gekostet hat. Was dem Unternehmen Sorge macht: Alle Automobilkonzerne, die wir beliefern, produzieren nicht mehr und haben ihre Werke geschlossen. Aufträge fallen also weg, von uns produzierte Güter können nicht versandt werden. Die Geschäftsführung will in den nächsten Wochen daher nur noch 3 Tage in der Woche produzieren oder die Produktion ganz ausfallen lassen. Unsere Abteilungsleiter sagen, wir sollen Urlaub oder Vorarbeit (also Überstunden, die wir bereits erarbeitet haben) nehmen. Urlaub nehmen, in einer Zeit, in der man nichts machen kann, weil durch Corona alles geschlossen ist und abgesagt wurde? Eine wirkliche Erholung und ein Abschalten vom stressigen Arbeitsalltag ist da nicht drin.
Doch nicht nur nach dem Feierabend sind die Erholungsmöglichkeiten stark beschränkt, auch in unserer Pause. Die Kantine auf unserer Arbeit hat ihr Angebot im Zuge der Corona-Krise nahezu halbiert. Hinsetzen und mit den Kollegen reden geht auch nicht mehr, da man ja keinen Kontakt haben soll. Wenn die Pause um 10 Uhr vorbei ist, geht man wieder ganz normal in die Schaltwarte, an der, in einem kleinen Raum, vier bis fünf Personen sind, geht ans Fließband, wo man teils Schulter an Schulter mit seinen Kollegen arbeitet. Dann sind die Sicherheits-vorkehrungen schnell vergessen und es ist, als wäre alles normal.
Meine Kollegen wollen nicht mehr arbeiten, sie wollen zu ihren Kindern nach Hause, die nicht in den Kindergarten oder die Schule gehen können. Sie haben Angst, auf die Arbeit zu gehen, weil sie sich nicht infizieren wollen, fühlen sich unsicher und merken, wie widersinnig es ist, in seiner Freizeit auf alles zu verzichten, während man auf der Arbeit so tut, als gäbe es keine Gefahr.
Eine große Gefahr durch COVID-19 gäbe es ja ohnehin nicht, das zumindest behauptete unser Werksarzt, als er mit unserer Geschäftsführung neulich durch die Abteilungen lief und den Mitarbeitern erzählte, dass Corona gar nicht so schlimm und eigentlich nur ein Medienhype sei.
Das Thema Kurzarbeit ist auch in aller Munde und wird vermutlich in den kommenden Tagen vom Arbeitgeber beantragt. Das bedeutet dann 1/3 weniger Lohn – für die Kollegen eine zusätzliche Belastung. Mitarbeiter mit einem befristeten Vertrag machen sich kaum mehr Hoffnung auf eine Verlängerung ihres Vertrages und müssen mit Arbeitslosigkeit und lästigen Bewerbungsverfahren rechnen.“

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