Ostermarsch in Kassel mit rund 900 Leuten

veröffentlicht am: 25 Apr, 2017

In diesem Jahr nahmen etwa 900 Menschen am Ostermarsch in Kassel teil. Damit ist der Ostermarsch im Vergleich zu den Jahren davor wieder wesentlich größer geworden. Auch wir von der SDAJ Kassel waren gemeinsam mit dem Offenen Schülertreffen gegen Krieg dabei mit „Stop Wars-Transpis“, gebastelten Friedenstauben, der mobilen Raucherecke gegen Krieg und vielen anderen Demo- Accessoires. Die steigenden Teilnehmerzahlen lassen sich aus der verschärften Kriegsgefahr in Europa durch immer stärkere Aufrüstung gegen Russland erklären, dadurch, dass wir das Leid in den Kriegsgebieten durch die Geflüchteten hier direkter mitbekommen und auch, weil immer mehr Geld für Rüstung ausgegeben wird, während für unsere Belange Geld fehlt. Genau das griff die Schülerin Marie-Luise in ihrer Rede auf dem Ostermarsch auf und gab zugleich einen Überblick über Aktionen gegen Krieg in Kassel:
Jedes Jahr geht die Bundeswehr an hunderte Schulen und Schulveranstaltungen, um dort mehr als 150.000 Schüler zu erreichen und ihnen klar zu machen, wie wichtig es wäre, für sein Land zu kämpfen, und dass die Bundeswehr noch so viel mehr zu bieten habe, als nur Soldat zu werden, dass man bei der Bundeswehr mächtig Karriere und viel Geld machen könne und dass die Bundeswehr ein sicherer Arbeitgeber sei, kurz: Die Bundeswehr geht an Schulen, um Werbung für sich zu machen. Oft spielen dann gut ausgebildete Jugendoffiziere das Spiel „Polis“ (Politik und Sicherheit) mit den Schülern, um die Kriege, die Deutschland aktuell führt, zu legitimieren. In diesem Spiel werden Kriege als notwendig dargestellt.
Dass das alles nicht mehr viel mit objektiver Unterrichtsgestaltung zu tun hat und nebenbei gegen den Beutelsbacher Konsens verstößt, wo festgelegt ist, dass der Unterricht nicht einseitig sein darf und somit nicht von Werbung und Militär beeinflusst werden darf, scheint den tollen Arbeitgeber Bundeswehr nicht zu interessieren, genauso wenig , wie der Verstoß gegen das UN-Kinderrecht, Minderjährige für das Militär anzuwerben.
Ich gehe auf die Jakob-Grimm-Schule und meine Schule ist neben der Hegelsbergschule eine der beiden Schulen in Kassel, denen die Bundeswehr dieses Jahr einen Besuch abstattete. Zwar erschien dieser bei der JGS in Form einer Berufsinformationsmesse für Q2 und Q4 noch legitimer, als an der Mittelstufenschule Hegelsbergschule, wo der Beruf Soldat vor 10 bis 16 Jährigen schöngeredet wurde. Trotzdem will ich der Bundeswehr, die auch im Alltag durch riesige Werbeplakate und ihre eigene YouTube-Serie, wo Soldatsein als ein großes Abenteuer dargestellt wird, schon präsent genug ist, nicht auch noch Werbemöglichkeiten an meiner Schule bieten.
Doch der Staat scheut keine Kosten und Mühen, wenn es um das Bewerben der Bundeswehr geht. Generell fließen Unmengen an Geldern in Aufrüstung und Militär, das dann in Schulen und Jugendzentren fehlt. Allein wenn man sich vor Augen führt, dass im Jahr 2016 mehr Geld für die Bundeswehr ausgegeben wurde, als für Bildung und Gesundheit zusammen, sollte man merken, dass hier Prioritäten gesetzt werden, die nicht im Interesse der Bevölkerung sind. Doch anstatt diese Verteilung des Geldes zu ändern, plant der Staat die Rüstungsausgaben in den nächsten Jahren zu verdoppeln. Es ist offensichtlich, dass es nicht im Interesse von uns Jugendlichen ist, wenn das Militär zwar top ausgerüstet ist und neue Panzer gekauft werden, aber Schwimmbäder und Jugendzentren geschlossen und Lehrerstellen gekürzt werden, der öffentliche Nahverkehr immer schlechter und teurer (wie in der aktuellen Liniennetz-Reform) und an der Bildung gespart wird.
Wir müssen immer mehr Bücher und Schulmaterial selbst bezahlen. Dazu kommen zusätzlich die oft sauteuren Fahrkarten und Extra-Ausgaben wie für Kopiergeld. Wir haben ausgerechnet, dass sich die Kosten, die man jährlich für Lernmaterial, Fahrkarte, Schulessen und Klassenfahrten ausgeben muss, auf etwa 1400 € pro Schüler belaufen, und bei diesem Beispiel sind eventueller Nachhilfeunterricht und Fahrkarten für längere Strecken noch nicht mit einberechnet.
Es herrscht krasser Lehrermangel, wodurch immer Kursangebote in der Oberstufe wegfallen, von veraltetem Lehrmaterial und schlecht ausgestatteten Unterrichtsräumen ganz zu schweigen. Kein Wunder, in allen hessischen Großstädten fehlen jeweils hunderte Millionen Euro für die Sanierung von Schulen. Das sieht man auch in Kassel: Die Naturwissenschaftsräume der Offenen Schule Waldau wurden seit 46 Jahren nicht mehr saniert, was vor allem durch die veralteten Gashähne für die Schüler gefährlich werden kann. Dieser inakzeptable Zustand ist das beste Beispiel für die absurden Prioritäten bei den Ausgaben des Staates.
Um diesen ungerechten und gegen unsere Interessen gerichteten Bedingungen entgegenzuwirken und bessere Konditionen für uns Schüler schaffen zu können, haben wir in Kassel ein offenes Schülertreffen gegründet. Unter dem Motto „Hoch mit der Bildung, runter mit der Rüstung!“ und im Sinne des Friedens schaffen wir Bewusstsein unter unseren Mitschülern und machen gemeinsame Aktionen gegen das penetrante Auftreten der Bundeswehr und die massive Unterfinanzierung im Bildungsbereich.
Vor zwei Wochen erst haben wir eine Veranstaltung mit geflüchteten Jugendlichen aus Afghanistan gemacht, mit denen wir über die Flucht und ihr jetziges Leben in Deutschland geredet haben.
Am 1. September haben wir den Kasseler Rüstungskonzern Krauss- Maffei Wegmann mit einem Straßentheaterstück geoutet. Krauss- Maffei Wegmann liefert Waffen an Saudi Arabien, die an den IS weitergeleitet werden, was allgemein bekannt ist. Aber anscheinend ist dem Kasseler Unternehmen egal, wo die Waffen landen, solange Profit gemacht werden kann.
Auch gegen die Bundeswehr direkt haben wir schon Aktionen unternommen, letzten Mai haben wir auf der Vocatium-Berufsmesse ein Die-In vor dem Bundeswehrstand durchgeführt. Nachdem wir dann von den Security-Leuten rausgeschmissen wurden, haben wir vor den Messehallen weiter Flyer verteilt und uns mit den Schülern unterhalten. Auch als die Bundeswehr an der Jakob-Grimm-Schule war, haben wir vor der Schule einen Infostand organisiert und Flyer verteilt, um mit den Schülern ins Gespräch zu kommen.
Zudem organisieren Schüler des offenen Treffens eine Unterrichtseinheit zum Thema „Krieg und Bundeswehr“ an der Offenen Schule Waldau in der SV. An dieser Schule ist auch ein Aktionstag gegen die Situation der NAWI-Räume geplant. Dabei muss deutlich gemacht werden, dass beides direkt zusammenhängt, viel Geld für die Rüstung bedeutet in dem Fall eben zu wenig Geld für Bildung.
Die aktuellen Kriege sind weder in unserem Interesse noch im Interesse des Friedens oder einer besseren Welt. Die hunderttausenden Geflüchteten sind ein Resultat von Deutschlands Kriegspolitik und machen deutlich, dass die Deutsche Bundeswehr die Lage in den momentanen Kriegsgebieten drastisch verschlechtert, anstatt der dort lebenden Bevölkerung behilflich zu sein. Denn hinter den Kriegen, an denen die BRD momentan beteiligt ist, steckt nicht etwa der Wunsch, den Syrern ein besseres Leben zu ermöglichen, sondern klare wirtschaftliche Interessen. Der gesamte Krieg dort findet statt, weil Deutschland und andere NATO-Staaten Interesse an wirtschaftlichem Einfluss und direkten Rohstoffquellen in Syrien haben.
Während die Bundeswehr dort gegen den „Menschenrechte verachtenden“ Diktator Assad kämpft, werden Partnerschaften mit anderen reaktionäreren Ländern wie Saudi-Arabien eingegangen, wo Frauenrechte und Demokratie so gut wie gar nicht vorhanden sind und inoffiziell Terrororganisationen wie der IS oder die Al-Nusra Front mit Waffenlieferungen unterstützt werden. Der Kampf für Demokratie gegen Assad ist also nichts als Heuchelei, es geht darum, dass Assad nicht nach den wirtschaftlichen Interessen des Westens gehandelt hat. Erst durch die Destabilisierung des Landes, die mit der Kriegspolitik und dem versuchten Regime Change in der ganzen Region einherging, konnten sich solche Terrororganisationen entwickeln. Der Kampf der BRD und der USA richtet sich klar gegen die syrische Regierung, um wirtschaftlichen Einfluss zu gewinnen und Russland diesen zu verwehren, es geht eben nicht primär gegen den IS, mehr noch, teilweise wird sich im gegen Assad sogar mit bewaffneten islamistischen Gruppen verbündet. Die Bundeswehr nützt also niemandem außer den deutschen Konzernen.
Solch eine Politik, die Profite über Menschenleben stellt und durch den Staat dafür sorgt, dass kein Geld für die Bedürfnisse und Belange von Jugendlichen da ist, kann nicht in unserem Sinne sein. Wir fordern den Stopp aller Auslandseinsätze und Rüstungsexporte, außerdem ausreichend Geld für Gesundheit und Bildung, Kultur und Freizeitmöglichkeiten im Interesse der arbeitenden Bevölkerung!
Dafür müssen wir alle selbst aktiv werden, in Gewerkschaften, Schülervertretungen und überall, wo wir der Kriegspolitik etwas entgegen setzen können.

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