CSD in Kassel und warum die CDU nicht dorthin gehört

veröffentlicht am: 29 Aug, 2015

Am 22.8. fand in Kassel der Christopher-Street Day (CSD) statt. Es begann mit einem bunten Umzug „queer“ durch die Stadt, bei dem in Partystimmung auf unterschiedlich Weise für die Anerkennung von Schwulen und Lesben geworben wurde. Danach ging es auf den Vorplatz des Hauptbahnhofs, wo mehrere Parteien und Organisationen Infostände aufgebaut hatten und es Musik und jede Menge zu Saufen gab. Es wurde einfach gefeiert und wenn man so als Außenstehender daran vorbeiging, hätte man vielleicht denken können, es wäre ein Stadtfest. Doch natürlich ging es den Veranstaltern und vielen Besuchern darum, den Forderungen von Schwulen und Lesben nach Gleichberechtigung Ausdruck zu verleihen und auch dabei zu feiern.
Die Geschichte des CSD
Doch die Geschichte des Christopher-Street-Days ist eine sehr politische. Der CSD erinnert an den ersten Aufstand von Homosexuellen und anderen sexuellen Minderheiten gegen die Polizeiwillkür in der New Yorker Christopher Street: In den frühen Morgenstunden des 28. Juni 1969 fand in der Bar Stonewall Inn der sogenannte Stonewall-Aufstand statt. Zu dieser Zeit gab es immer wieder gewalttätige Razzien der Polizei in Kneipen mit trans- und homosexuellem Zielpublikum. Als sich an diesem Abend insbesondere Dragqueens und Transsexuelle gegen die Kontrollen wehrten, war dies der Ausschlag für tagelange Straßenschlachten mit der New Yorker Polizei. Seitdem wird in New York am letzten Samstag des Junis, dem Christopher Street Liberation Day, mit einem Straßenumzug an dieses Ereignis erinnert. Daraus ist eine internationale Tradition geworden, im Sommer eine Demonstration für die Rechte von Schwulen und Lesben abzuhalten. Der CSD hat also definitiv eine politische Berechtigung und Bedeutung.
Warum die CDU auf dem CSD nichts zu suchen hat
Und auch politisch war dieses Fest sehr bunt gemischt. Doch man sollte sich schon die Frage stellen, ob es nicht heuchlerisch ist, wenn eine Partei wie die CDU dort ist. Das interessierte uns als SDAJ, da wir an diesem Tag auch da waren um zu feiern und zu demonstrieren. Also gingen wir zu dem Stand der CDU, um mal selber zu fragen, ob sich die CDU dafür nicht etwas verlogen vorkam, da sie doch sonst ein sehr „traditionelles“ Familienbild vertrete. Natürlich wurde erstmal ausgewichen und gesagt, dass man das persönlich ganz anders sehe oder Vorwürfe gebracht, wie das Che Quevara ein linksradikaler Terrorist wäre und dass es deswegen wesentlich verwerflicher sei, in einer Partei links der CDU zu sein. Eine konstruktive Diskussion über die Positionen der CDU war also nicht möglich. Es wurde nur gesagt, dass die CDU sich langsam, aber sicher in Richtung Offenheit bewegen würde. Dabei wird im Programm der CDU die Gleichstellung einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft weiterhin abgelehnt, genauso wie das Adoptionsrecht für Homosexuelle. Die Lesben und Schwulen in der Union (LSU) gehen mit ihren Forderungen weiter. Aber für die meisten Menschen ist es berechtigterweise unbegreiflich, wie ein Homosexueller in der CDU sein kann, die mit anderen reaktionären Parteien am entschiedensten gegen mehr Rechte von Homosexuellen kämpfen. Als ein Teil des Infostandes der CDU dank des Windes davonflog, hörte man hämisches Gelächter von einigen Menschen. Das zeigt uns doch, dass die CDU nicht nur von uns auf dem CSD nicht gerne gesehen ist. Sie vertreten im Parlament nicht die Interessen der Menschen, die den CSD besuchen.
Diskriminierung in Deutschland – Staatlich geduldet
Es gab 240 Fälle von Hasskriminalität gegen Homosexuelle im Jahr 2013 und die Dunkelziffer ist viel höher. Jeder vierte Homosexuelle hat einen Suizidversuch hinter sich. Die Wahrscheinlichkeit für einen Suizidversuch ist bei Homosexuellen 5-Mal höher als bei Heterosexuellen. Doch anstatt gegen Diskriminierung zu kämpfen, halten konservative Parteien wie CDU, CSU und AFD greifen die Vorurteile von Teilen der Bevölkerung auf und somit bleibt Diskriminierung in unserer Gesellschaft bestehen. Im Grundgesetz wird von der Gleichstellung aller Menschen geredeten, doch von Homosexuellen, Transsexuellen und anderen Sexuellen Minderheiten ist nicht die Rede und angesichts der Positionen etablierter Parteien, ist davon auch nichts zu sehen. Homosexuelle Menschen, die aus Ländern geflohen sind, wo sie wegen ihrer Sexualität verfolgt wurden, werden abgeschoben. So etwas wird nicht als Fluchtgrund anerkannt. Doch die Unterdrückung verschiedener Sexualitäten ist von Eliten und Konzernbossen gewollt. Denn wenn wir uns über Homosexuelle ärgern, dann ist es schwerer, gemeinsam und solidarisch z.B. für eine Gehaltserhöhung zu kämpfen. Homophobie ist für uns alle scheiße und sie spaltet die werktätige Bevölkerung.
Wir fordern:
– Die Gleichstellung aller Menschen inklusive sexueller Minderheiten muss im Grundgesetz verankert werden!
– Alle freiwilligen Beziehungen zwischen Menschen müssen gleichberechtigt sein!
– Wir brauchen eine wissenschaftliche und humanistische Sexualerziehung!

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