Bericht von der bildungspolitischen Konferenz der DKP

veröffentlicht am: 16 Nov, 2012

Auch wir waren am Wochenende auf der sehr erfolgreichen bildungspolitischen Konferenz der DKP.
Dazu ein Bericht von Wera Richter aus der UZ:
16.11.2012: Als einen ersten Schritt oder Neuanfang bezeichneten mehrere Teilnehmer

die Bildungspolitische Konferenz der DKP, die am vergangenen Samstag im Jugendkombihaus in Bottrop stattfand. Auf Einladung der Jugendkommission des Parteivorstandes diskutierten knapp 40 Teilnehmer, darunter eine Reihe von Mitgliedern der SDAJ, ĂŒber Positionen von Kommunistinnen und Kommunisten im Bildungs-, vor allem im Schulbereich und Möglichkeiten des gemeinsamen Eingreifens.
Im Mittelpunkt der Diskussion stand die Forderung nach einer Schule fĂŒr alle, also der Abschaffung des gegliederten Schulsystems. Welche Auswirkung die soziale und ethnische Selektion in Schule und auch schon Vorschule nach der Vorgabe wirtschaftlicher Interessen hat, verdeutlichte Wera Richter als Leiterin der Jugendkommission einleitend anhand von Zahlen. So werde HauptschĂŒlern und zunehmend auch RealschĂŒlern der Weg in das duale Ausbildungssystem versperrt. 2,2 Millionen Menschen im Alter von 20 bis 34 Jahren, 15 Prozent dieser Altersgruppe, hatten laut DGB 2011 keinen Berufsschulabschluss. Diese „abgehĂ€ngte Generation“ werde kaum ihren eigenen Lebensunterhalt verdienen können. Ihr drohe ein Leben aus Zeiten in Warteschleifen, Erwerbslosigkeit, prekĂ€rer BeschĂ€ftigung.
Rolf JĂŒngermann, Mitglied des Bezirksvorstandes der DKP Ruhr-Westfalen, gab einen Überblick ĂŒber die lange Geschichte des Kampfes um eine Schule fĂŒr alle, in der es gelte „alle alles ganz zu lehren“; ein Kampf, der auch weiterhin eines langen Atems bedĂŒrfe. Der Klassenkampf von oben, der ĂŒber die Bildung gezielt die Arbeiterklasse vernachlĂ€ssige, könne nur funktionieren, weil die soziale Selektion als Leistungsselektion getarnt werde. Es sei hinlĂ€nglich bewiesen, dass das gegliederte Schulsystem Ungleichheit erzeuge. Die Grundschule ĂŒbernehme dabei in vorauseilendem Gehorsam die Drecksarbeit, um die parasitĂ€re Rolle des Gymnasiums zu bewahren. „Wer das Gymnasium nicht integrieren will, soll von Chancengleichheit schweigen“, so Rolf JĂŒngermann. Der Königsweg bleibe die Gesamtschule, so ungenĂŒgend sie auch heute oft sei. Ein wichtiger BĂŒndnispartner in dieser Auseinandersetzung seien die Eltern, die sich mit etwa 70 Prozent fĂŒr ein einheitliches Schulwesen im Anschluss an die Grundschule aussprĂ€chen. Max Matthes, Landesvorsitzender der SDAJ Hessen, wies wie mehrere weitere Diskussionsteilnehmer darauf hin, dass die steigende Rolle der Privatschulen nicht außer Acht gelassen werden dĂŒrfe. In Zukunft könnten sie die Gymnasien ablösen. Er wies angesichts der verschĂ€rften sozialen und ethnischen Ausgrenzung auf das Problem des wachsenden Rassismus hin, das angesichts des Konkurrenzkampfes der SchĂŒler untereinander die Forderung nach einer Schule fĂŒr alle untergraben könne. Daher sei es besonders wichtig, konsequent bei der Forderung eine Schule fĂŒr alle zu bleiben.
Klaus Stein, stellvertretender Bezirksvorsitzender der DKP Rheinland, eröffnete den zweiten Diskussionsstrang mit AusfĂŒhrungen zur Forderung nach demokratischer Allgemeinbildung, die die DKP in ihren bildungspolitischen Forderungen fĂŒr NRW aufgestellt hat. „Wir können noch nicht mit einem fertigen Konzept einer demokratischen Allgemeinbildung aufwarten. Die politische Debatte ĂŒber die Inhalte sollte aber schleunigst beginnen. Und wir sind als DKP durchaus in der Lage, dazu AnstĂ¶ĂŸe zu geben“, so Stein. Es gehe am Ende um Antworten auf die Frage, welche Kenntnisse und FĂ€higkeiten benötigt das Volk, um zu herrschen? Das sei der Kern unseres Begriffs von Allgemeinbildung. Angesichts des gegenwĂ€rtigen Niveaus der Klassenauseinandersetzungen mĂŒssten wir aber zunĂ€chst fragen, „welche Kenntnisse und FĂ€higkeiten benötigt die arbeitende Klasse, um sich selbst zu organisieren und Widerstand zu leisten? Oder noch bescheidener: welche falschen Vorstellungen, irrealen Phantasien, Legenden und LĂŒgen mĂŒssen raus aus den Köpfen? Welche Kenntnisse, FĂ€higkeiten, Haltungen erschweren es den Herrschenden, die Herrschaft ĂŒber die arbeitenden Menschen auszuĂŒben?“ Als nĂ€chstliegende AnknĂŒpfungspunkte benannte Klaus Stein die Friedens- und antifaschistische Erziehung.(Referat im Anhang)
FĂŒr den SDAJ-Bundesvorstand gab Paul Rodermund nach einer Bilanz der Bildungsstreikbewegung einen Ausblick auf die derzeit laufende bundesweite Aktionswoche fĂŒr kostenfreie Bildung. „Auch hierzulande beginnen wir die Maßnahmen zur,Überwindung‘ der Weltwirtschaftskrise zu spĂŒren. Immer mehr Landes- und Bezirksregierungen erarbeiten PlĂ€ne zur Umsetzung der Schuldenbremse“, so Paul Rodermund. Baden-WĂŒrttemberg wolle ĂŒber 8.000 Lehrer einsparen, in Köln werde die UnterstĂŒtzung von Materialkosten fĂŒr ErstklĂ€ssler in Höhe von 500.000 Euro gestrichen, der Koalitionsvertrag in NRW benenne als einzige konkrete Sparmaßnahme Stellenstreichungen an Berufskollegs und in Hessen werde die Bezuschussung des Mensaessens eingestellt. In der Aktionswoche fĂŒr kostenfreie Bildung vom 14. bis 22. November gehe es vor allem darum, Aktionen vor Ort, an den Schulen selbst zu organisieren. So könne der Zusammenhang zwischen der kapitalistischen Krise und den steigenden Bildungskosten greifbar werden. „Wir haben als SDAJ in den Bildungsstreiks stets darum gerungen, das Kleine mit dem Großen zu verbinden. Denn klar ist, eine losgelöste vereinzelte Aktion wird nicht ausreichen um das Bildungssystem umzukrempeln. DafĂŒr braucht es dauerhafteren Druck“. Mitglieder der DKP könnten in den BildungskĂ€mpfen eine wichtige Scharnierfunktion zwischen SchĂŒlern, Eltern und Lehrern bilden. Um die gemeinsame Aktionsorientierung ging es unter anderem auch in den anschließenden Arbeitsgruppen zum Widerstand gegen das Turbo- Abi, zu BundeswehreinsĂ€tzen an Schulen und UniversitĂ€ten, zur Interessenvertretung an Schulen und zur desolaten Situation der BeschĂ€ftigten vor allem in der Weiterbildung. Die Jugendkommission wird die Ergebnisse der Arbeitsgruppen, die Referate und DiskussionsbeitrĂ€ge der Konferenz auswerten und der Partei in geeigneter Weise zur VerfĂŒgung stellen.

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